Wann ist eine Beziehung gescheitert?
Immer wieder höre und lese ich das Wort “scheitern” im Zusammenhang mit Beziehungen. Geht eine Beziehung zu Ende dann wird von Scheitern gesprochen. Viele sind traurig, weil sie ihre Beziehung als gescheitert betrachten. Sie geben sich oder dem Partner die Schuld dafür oder fragen sich, ob sie etwas besser hätten machen können.
Ich höre immer wieder von Beziehungsarbeit und davon, dass man um seine Beziehung kämpfen soll.
Es entsteht leicht, der Eindruck, dass man nicht genug an seiner Beziehung gearbeitet hat, sich nicht genug angestrengt hat. Vielleicht war man zu egoistisch zu eigen, konnte keine Kompromisse eingehen.
Erst kürzlich wurde in einer WhatsApp Gruppe von einer Teilnehmerin ein Text eingestellt, in dem Beziehungsarbeit angepriesen wurde, um das Scheitern von Beziehungen zu verhindern.
Da war es wieder. Das Scheitern! Jedes Mal, wenn ich das höre, macht mich das traurig. Für mich ist keine Beziehung gescheitert. Das Ende einer Beziehung bedeutet nicht, dass die Beziehung gescheitert ist, sondern, dass sie erfüllt ist. Sie ist zu Ende gegangen, weil das was man dort lernen wollte, das was man geben und nehmen konnte, erfüllt wurde.
Zwischenmenschliche Beziehungen, Liebesbeziehungen und Partnerschaften sind etwas ganz Wunderbares, etwas Kostbares.
In Liebesbeziehungen erfahren wir uns selbst sehr intensiv. Wir werden offen und verletzbar. Unsere guten Seiten kommen zum Vorschein, aber auch unsere Schatten und Schwierigkeiten. Beziehungen bringen uns an unsere Grenzen und zwingen uns das Schöne und das Schreckliche zum Vorschein zu bringen. Wir lernen unendlich wertvolle Lektionen und vor allem das Lieben. Wir lernen Kompromisse einzugehen, zu verzeihen, zu kämpfen und zu vertrauen. Manchmal werden wir verletzt und daran erinnert was in uns Heilung bedarf.
Beziehungen fordern uns heraus!
Jeder Mensch, mit dem wir eine Liebesbeziehung eingehen lehrt uns etwas anderes. Mit jedem Menschen können wir andere Dinge erfahren, das Leben anders erforschen und erleben.
Beziehung für die Ewigkeit
Es ist gut mit einem Menschen zusammen ein langes Stück des Lebens zu erleben und alle Schwierigkeiten zu meistern. Gemeinsam durch dick und dünn zu gehen, aneinander zu wachsen. Nicht gleich das Handtuch zu werfen, sondern sich den Problemen zu stellen. Kompromisse zu finden und immer wieder in die gemeinsame Harmonie zu kommen. Die Sexualität gemeinsam zu erforschen, zusammen zu reifen. Es ist schön auf eine lange gemeinsame Zeit zurückzublicken und zu sagen, ja wir sind wie Pech und Schwefel. Wir haben nicht aufgegeben, sondern sind aneinander gereift. Wir haben gelernt uns immer wieder aufs Neue zu vertrauen uns zu verzeihen. Flauten zu überwinden und immer wieder in die Liebe zu gehen. Wir wissen was wir aneinander haben.
Beziehungen beenden
Doch manchmal ist es gut eine Beziehung zu beenden und seinen Weg mit jemand anderen zu gehen. Es kommt darauf an, was man im Leben erleben und verwirklichen möchte und was der eigene Lebensplan für einen bereithält. Oft kommt man an Punkte, bei denen es nicht weiter geht. Es gibt kein Wachstum. Man kann nicht mit jedem Menschen dasselbe erfahren und erleben. Deshalb ist es wichtig und gut den Partner zu wechseln, wenn die Zeit dafür gekommen ist und die Beziehung erfüllt ist. Es ist nicht möglich, mit jemanden der gerne Gartenzwerge sammelt, Abenteuer zu erleben. Andersherum ist es mit einem quirligen Tausendsassa nicht möglich, das Gefühl von Sicherheit und Beständigkeit zu erfahren. Zumindest nicht im Außen.
Mit jedem Partner kann man nur spezifische Dinge erleben und lernen. Es gibt kein richtig oder falsch, sondern eine Wahl, die man trifft. Bewusst oder unbewusst.
Wenn eine Beziehung zu Ende ist dann ist nicht die Beziehung gescheitert, sondern die äußere Struktur, die Art und Weise wie man miteinander umgeht und das Leben gestaltet. Eine Beziehung kann niemals scheitern. Sie kann sich nur erfüllen.
Eine Beziehung, die noch nicht zu Ende ist, ist noch nicht erfüllt.
Gewohnte Beziehungen
Eine Beziehung, die erfüllt ist, aber noch nicht zu Ende, ist Gewohnheit. Man dreht zusammen immer dieselben Bahnen geht sich auf die Nerven und kann nicht loslassen. Das sind Paare, die zum wiederholten Male bei der Partnerberatung sind, oder sich nichts mehr zu sagen haben. Es sind Paare, die sich nur streiten ohne, dass sich irgendetwas Wesentliches bewegt. Manchmal sind es Beziehungen, die angenehm und lauwarm sind, man glaubt, ohne den anderen nicht leben zu können, weil er eine wichtige Funktion hat, die man sich selbst nicht zutraut. Man glaubt einander zu brauchen. Es findet jedoch keine Entwicklung mehr statt.
Die Suche nach dem perfekten Partner
Im Gegensatz dazu gibt es Menschen, die ständig auf der Suche nach dem perfekten, dem idealen Partner sind. Sie können sich nicht auf einen Menschen einlassen, weil niemand dem Ideal entspricht. Sobald es schwierig wird, suchen sie das Weite, weil sie im aktuellen Partner nicht mehr den Prinzen oder die Prinzessin sehen, die sie sich erhofft hatten. Sie sind schneller weg als sie gekommen sind, denn der nächste, der bessere Partner, vielleicht sogar der Seelenzwilling, wartet schon um die nächste Ecke.
Gehen oder bleiben?
Für die einen gilt es zu erkennen wann es Zeit ist das Handtuch zu werfen und zu gehen, weil es kein Wachstum mehr gibt, keine Veränderung. Weil man in Gewohnheit stecken geblieben ist.
Für die anderen gilt es zu lernen, dass es den idealen Partner nicht gibt. Es geht darum sich einzulassen und auf eine tiefere Ebene zu gehen. Sich mit sich selbst zu konfrontieren, die eigenen Schatten zu erkennen und nach Hause ins Licht zu bringen.
Es gibt kein Patentrezept für Beziehungen. Es geht nicht immer darum, um jeden Preis zu bleiben oder sofort das Weite zu suchen. Jede muss das tief und ganz ehrlich in sich selbst prüfen.
Bleibe ich aus Liebe, weil ich davon überzeugt bin, dass es noch einen gemeinsamen Weg gibt, oder weil ich Angst habe allein zu sein, keinen anderen Partner zu bekommen oder finanziell nicht abgesichert zu sein?
Gehe ich, weil die Beziehung erfüllt ist, weil ich keine gemeinsame Zukunft mehr sehe, weil ich einen anderen Partner möchte, um meinen Weg zu gehen? Oder gehe ich, weil ich Angst vor Nähe habe, weil ich Träumen von einer perfekten Beziehung nachjage, oder weil ich Angst habe mich meinen Schatten zu stellen und weil es unbequem wird?
Diese Fragen darf man sich stellen und ganz ehrlich beantworten.
Doch ganz gleich wie die Entscheidung ausfällt, beendete Beziehungen sind wertvoll und erfüllt. Wer alte Beziehungen als gescheitert betrachtet wertschätzt weder sich selbst noch den anderen noch das eigene Leben und die gemachten Erfahrungen.
Deshalb ersetze das Wörtchen gescheitert durch erfüllt und prüfe, wie sich das anfühlt. Was verändert sich dadurch?
Schreibe es mir in den Kommentaren. Ich bin gespannt was du dazu zu sagen hast!
Das Leben will gelebt werden. Es ist sehr individuell erfahrbar. Warum reduzieren wir die Schönheit, sich auf jemanden zu beziehen, auf eine Beziehung? Warum ist uns wichtig, ob wir eine Beziehung als gescheitert oder erfüllt benennen. Es ist eine Erfahrung die uns lehrt. Die Seele will erfahren nicht mehr und nicht weniger.
Warum reduzieren wir die Schönheit, sich auf jemanden zu beziehen, auf eine Beziehung? Das ist eine tolle Frage! Danke liebe Antonia.
Die Seele will erfahren. Ja! Das ist schön ausgedrückt. Doch wir sind nicht nur Seele, sondern auch Person, Ego wie immer man das nennen mag und dieses kleine Ich braucht Antworten und möchte nicht immer das, was die große weite Seele erfahren möchte. Manchmal ganz und gar nicht.
Vielleicht braucht dieses Ich einen festen Rahmen in dem es sich sicher fühlen kann, um sich der Liebe und Intimität öffnen zu können.
Liebe Konstantina,
der Gedanke, dass eine Form der Beziehung erfüllt ist und damit die Form ändern kann, gefällt mir gut.
Er unterstreicht die Fülle im Leben. Er lädt zur Wertschätzung und Dankbarkeit ein und damit zur weiteren Öffnung für Liebe.
Eva